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AVIVA-BERLIN.de im Mai 2024 - Beitrag vom 17.02.2005


Kein Mensch ist illegal – Proteste gegen Abschiebung
Sarah Ross

Obwohl der christlichen Iranerin Zahra Kameli in ihrer Heimat massive Verfolgungen bis hin zur Steinigung wegen Ehebruchs und Konversion drohen, sollte sie am 10. Februar 2005 abgeschoben werden.




NEWS
Bundesinnenminister Otto Schily hat in einem Schreiben an dem niedersächsischen Ministerpräsidenten empfohlen, im Falle von Zahra Kameli die Härtefallregelung anzuwenden, die das neue Zuwanderungsrecht ermöglicht, und Frau Kameli ein Aufenthaltsrecht zu gewähren. Zuständig dafür ist allein das Land Niedersachsen.

Nachfolgend Auszüge aus dem Schreiben:
"Die von Ihnen erbetene Überprüfung der Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge im Asylverfahren sowie in beiden Folgeverfahren hatte ich bereits veranlasst. Diese Entscheidungen sind jeweils auch gerichtlich überprüft worden und in keiner Weise zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat zuletzt in drei Eilentscheidungen alle im zweiten Folgeverfahren vorgetragenen Asylgründe, insbesondere die Konversion zum Christentum und eine angeblich drohende Bestrafung wegen Ehebruchs, ausführlich geprüft und gewürdigt. Das Gericht hat eine Verfolgungsgefahr bei einer Rückkehr in den Iran verneint und weder einen Asylgrund noch ein Abschiebungshindernis gesehen.
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Aufgrund von Protesten seitens der Flüchtlings- und Frauenorganisationen, der evangelischen Kirche und des niedersächsischen Landtags, sowie des Lufthansa-Piloten, der sich weigerte, die Abschiebung gegen Zahra Kamelis Willen durchzuführen, konnte am vergangenen Donnerstag (10.02.05) ein vorläufiger Abschiebe-Stopp erreicht werden. Die 24-jährige Iranerin, die während des Abschiebeversuchs bereits gesundheitlich angegriffen war, wurde in ein Frankfurter Krankenhaus eingeliefert. Nach ihrer Genesung droht ein zweiter Versuch, sie auszuweisen.

Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes legte in einer Pressemitteilung dar, dass Zahra in doppelter Hinsicht gegen die Regeln des Islam verstoßen hat, und ihr Leben bei einer Rückkehr in den Iran bedroht wäre.

Nach der Ablehnung des politischen Asyls für sie, ihren Mann und ihre Tochter, kam für Zahra, aufgrund der politischen Situation und der ständigen Frauenverfolgung, eine Rückkehr in den Iran nicht in Frage. Sie trennte sich von ihrem Ehemann und tauchte in die Illegalität ab. Fortan gilt sie in ihrer Heimat als Ehebrecherin. Auf dieses "Sexualdelikt" folgt dort traditionell die Todesstrafe durch Steinigung. Ein zweiter Grund, warum Zahras Leben im Iran gefährdet wäre ist, dass sie als Christin zur religiösen Minderheit zählt. Ende 2004 ist Zahra zum Christentum konvertiert und gehört nun der protestantischen Gemeinde der Thomaskirche in Göttingen an. Auch bei einem Übertritt vom Islam zum Christentum droht den Betroffenen im Iran die Todesstrafe.

Obwohl erst am 20.12.2004 die Vollversammlung der Vereinten Nationen in einer Resolution die Unterdrückung religiöser Minderheiten sowie die Folterung und systematische Diskriminierung von Frauen im Iran kritisiert hatte, wurden Zahras Asylfolgeanträge, die jeweils beide Gründe für ihre Verfolgungssituation darlegten, vom Bundesamt abgelehnt. Ebenso die Eilanträge ihres Anwalts.
Als Grund für die Ablehnung gab Herr Hirschmann vom Verwaltungsgericht Braunschweig an, dass an Zahra Kamelis Glaubwürdigkeit zu zweifeln sei.
Am 31.01.2005 wurde sie unter Vortäuschung falscher Tatsachen zur Ausländerbehörde Goslar bestellt und dort festgenommen. Seit dem 1. Februar ist Zahra im Abschiebegefängnis Hannover-Langenhagen inhaftiert.

Selbst das neue Zuwanderungsgesetz, das mit seiner Aufnahme frauenspezifischer Fluchtgründe von der Politik als Verbesserung angepriesen wird, kann Zahra nicht schützen. Daher hatten sich am 11.02.05 die hannoversche Landeskirche und Evangelische Kirche Deutschland eingeschaltet, um ebenso wie der niedersächsische Landtag zu versuchen, beim Bundesministerium ein Abschiebestopp zu erreichen.
Mit Protestfaxen an das zuständige Verwaltungsgericht und die Ausländerbehörde Goslar, sowie mit Unterschriftenaktionen und der Aktion "Abschiebemaschinerie Stoppen" unterstützen Zahra zahlreiche Menschen in ihrem Kampf gegen die Abschiebung, und somit gegen ihren sicheren Tod.
(Quelle: www.abschiebemachinerie-stoppen.de, Schwäbisches Tagblatt vom 11.2.05, Arbeitskreis Asyl Göttingen)

Aktuelle Informationen zur Protestaktion finden Sie unter:
www.abschiebemachinerie-stoppen.de und
www.oghab.com/de

Beitrag vom 17.02.2005